Die Versicherungswirtschaft lebt von ihrem Netzwerk. Ellbogenmentalität war gestern. Eine Hand wäscht die andere nicht nur, Vermittler strecken sie sich helfend entgegen. Das Ziel: das Beste für den Kunden und die Branche. In dieser Reihe fragen wir bei Protagonisten aus eben jener nach aktuellen Trends, Tipps, Hilfestellungen und Prognosen. Diesmal dabei: Hans Steup, Recruiting Experte und Betreiber der Plattform VersicherungsKarrieren.
Redaktion: Hans, was sind Deiner Meinung nach die dringendsten Themen, die die Versicherungsbranche aktuell beschäftigen?
Hans Steup: Neben der fortschreitenden Digitalisierung und der Anpassung an verändertes Kundenverhalten spielen Naturkatastrophen eine große Rolle. Versicherer müssen Wege finden, um den Menschen in Krisensituationen schneller und effizienter zu helfen. Die Einführung von Technologien wie Drohnen zur Schadensbegutachtung und die Nutzung von Big Data-Analysen leisten hier einen wertvollen Beitrag.
Ein weiteres drängendes Thema ist der Fachkräftemangel. Mit dem demographischen Wandel und dem verstärkten Bedarf an technologischer Expertise wird es immer schwieriger, qualifizierte Mitarbeiter zu finden und zu halten. Versicherer und Vermittler-Betriebe müssen daher verstärkt in die Weiterbildung und Förderung ihrer Mitarbeiter investieren, um sie auf die Anforderungen der Digitalisierung in Betrieb und Vertrieb vorzubereiten. Zudem sollten sie enger mit Bildungseinrichtungen zusammenarbeiten, um junge Talente für eine Karriere in der Versicherungswelt zu begeistern. Und sie müssen mehr für das Employer Branding tun. Sehr viel mehr.
Redaktion: Und welchen Themen sollte Deiner Meinung nach mehr Aufmerksamkeit geschenkt werden?
Hans Steup: Versicherer müssen den Umgang mit neuen Cyberrisiken in den Fokus nehmen. In der zunehmend digitalisierten Welt sind Unternehmen und Privatpersonen verstärkten Angriffen von Cyberkriminellen ausgesetzt.
Die Elementarversicherung sollte für Wohn- und Geschäftsgebäude endlich Pflicht werden.
Die Absicherung der Arbeitskraft und die Altersvorsorge bleiben wichtig. Obwohl die Kunden wahrscheinlich mehr Wert auf Krankenzusatzversicherungen legen werden. Der Markt ist nicht im Ansatz ausgeschöpft.
Redaktion: In welchem Bereich siehst Du die größten Chancen für die Branche?
Hans Steup: Die fortschreitende digitale Transformation bietet eine Vielzahl von Möglichkeiten, um Versicherungsprozesse effizienter zu gestalten und den Kundenservice zu verbessern. Die Einführung von künstlicher Intelligenz und Automatisierung trägt dazu bei, administrative Aufgaben zu reduzieren und den Mitarbeitern mehr Zeit für die Beratung und Betreuung der Kunden zu geben. Durch die Nutzung von Big Data und Drohnen können Versicherer Risiken genauer bewerten und maßgeschneiderte Policen anbieten, die den individuellen Lebensstil und die Bedürfnisse der Kunden berücksichtigen.
Bei Privatkunden wird der Wunsch nach Assistenzleistungen in Zukunft zunehmen. Auch wenn ich gerade von Krankenzusatzversicherungen sprach, meine ich Gesundheitsversicherungen und Assistenzleistungen im Bereich Gesundheit. Auch in der Sachversicherung werden Assistenzleistungen zunehmen. Die letzten Flutkatastrophen haben gezeigt, wie wichtig Organisation und Unterstützung werden, wenn ganze Ortschaften betroffen sind.
Prävention muss in Zukunft ebenfalls eine größere Rolle spielen. Schadenereignisse häufen sich und Schadensummen steigen unaufhörlich. Da ist jeder Schaden, der gar nicht erst eintritt, für alle Beteiligten das Beste.
Redaktion: Und wie kann dieses Potential Deiner Meinung nach am besten genutzt werden?
Hans Steup: Um das Potential der digitalen Transformation am besten zu nutzen, sollten Versicherer verstärkt in Technologie investieren. Zudem sollten Versicherer eng mit Start-ups und innovativen Technologieunternehmen zusammenarbeiten, um neue Ideen und Lösungen zu entwickeln. Die Zusammenarbeit mit externen Partnern bringt frische Perspektiven und innovative Ansätze in die Branche.
Ein weiterer wichtiger Schritt zur Nutzung des Potenzials der digitalen Transformation ist die Förderung einer digitalen Kultur innerhalb des Unternehmens. Mitarbeiter müssen lernen, neue Technologien zu nutzen und digitale Lösungen in ihre Arbeitsprozesse einzubauen.
Weiterbildung trägt dazu bei, das technische Know-how der Belegschaft zu stärken und die Digitalisierung zum Erfolg zu führen. Die Nutzung von Big Data und Data Analytics kann dabei helfen, Kundenbedürfnisse besser zu verstehen und genauere Risikobewertungen vorzunehmen. So können Versicherer Policen entwickeln, die den individuellen Anforderungen der Kunden gerecht werden und ihnen ein höheres Maß an Sicherheit bieten.
Titelbild: © Hans Steup