Der Stellenmarkt ist so arbeitnehmerfreundlich wie nie. Umso mehr Grund, sich als Unternehmen von seiner besten Seite zu zeigen. Und dennoch: Viele lassen Chancen liegen, indem sie sich Bereits in der Stellenausschreibung nicht den Bedürfnissen der Zielgruppe anpassen. Welche fünf elementaren Dinge in keiner Stellenanzeige fehlen dürfen und es trotzdem meist tun, erklärt Branchenexperte Hans Steup. Er ist Betreiber der Plattform VersicherungsKarrieren und weiß, worauf es ankommt.
1. Klare Stellenbezeichnung schreiben
Auch, wenn der Kundenberater bei Euch Happiness Hero heißt, verzichtet auf interne Ausdrücke und englischsprachige Bezeichnungen. Die Überschrift muss den Blick potentieller Kandidaten einfangen, während diese durch die Listen der Suchergebnisse oder die Meldungen in den sozialen Medien scrollen.
Sie haben keine Zeit für die Transfer-Leistung des Gehirns, das aus Eurem Hero erst einen Kundenberater machen muss. Falls die grauen Zellen überhaupt verstehen, was der Stellentitel soll. Selbst wenn Ihr die weltbeste Ausschreibung geschrieben habt, der potentielle Kandidat klickt erst gar nicht auf den Titel.
2. Sofort den Kandidaten ansprechen
Die meisten Stellenanzeigen starten mit der ausführlichen Lebensgeschichte des Unternehmens und den Errungenschaften und Auszeichnungen der letzten hundert Jahre. Das interessiert einen potentiellen Kandidaten (an dieser Stelle noch) nicht. Ihr müsst zuerst auf seinen emotionalen Zustand eingehen. Und Euer bester Kandidat ist da, wo er jetzt ist: unzufrieden und deshalb wechselwillig. Das ist Eure Zielgruppe. Unzufrieden UND wechselwillig.
Wer nicht unzufrieden ist und nur mal gucken will, ist nicht Eure Zielgruppe. Wer unzufrieden ist und nicht wirklich wechselwillig, ist nicht Eure Zielgruppe. Stellt Euch Euren Wunschkandidaten vor, beispielsweise für die Maklerbetreuung, und fragt ihn:
„Arbeiten Sie bei einem Versicherer, Versicherungs-Vermittler oder Finanzvertrieb und fühlen sich im jetzigen Umfeld nicht mehr wohl? Sind Sie Maklerbetreuer, Orgaleiter oder Fachberater in biometrischen Sparten und haben in den letzten Wochen an einen Wechsel gedacht? Liegen Ihnen Vertriebs-Unterstützung und Maklerbetreuung und suchen Sie eine neue Aufgabe in Festanstellung?“ Klar, oder?
So stellt Ihr eine emotionale Verbindung her.
3. Ansprechpartner vorstellen
Weil die emotionale Bindung zwischen zwei Menschen größer ist als die zwischen Mensch und Unternehmen, stellt anschließend sofort den Ansprechpartner vor:
„Dann mache ich Ihnen jetzt ein Stellen-Angebot, das Sie nicht ablehnen können. Also, lesen Sie weiter… Mein Name ist Joachim Rahn. Ich leite bundesweit den Maklervertrieb beim Münchener Verein und suche für unsere Vertriebspartner in Hessen einen engagierten Maklerbetreuer.“
Im besten Fall ist der Ansprechpartner die zukünftige Führungskraft des gesuchten Mitarbeiters. Oder die Geschäftsleitung. Oder auch ein Kollege auf gleicher Ebene (ja, das funktioniert prima). Ein Mitarbeiter aus der Personalabteilung sollte hier möglichst nicht stehen, und schon gar nicht einfach nur „Personal“ oder „Human Resources“. Aber dazu weiter unten mehr.
4. Wir sind, wir suchen, wir bieten
Jetzt wird es Zeit, das Unternehmen und die Abteilung kurz vorzustellen. Aber möglichst nicht im Wir-Wir-Wir-Modus. Auch hier interessiert den Kandidaten nur, was für ihn drin ist: Warum soll ich bei Euch arbeiten und nicht beim Mitbewerber nebenan? Was muss ich den ganzen Tag tun? Was muss ich mitbringen an Kenntnissen und Fähigkeiten? Wie unterstützt Ihr mich, damit ich gute Arbeit abliefern kann? Was bekomme ich von Euch? Was hab ich davon?
In meinen Jobstories gehe ich auf diese Fragen aus Sicht der Kandidaten detailliert ein. Sie machen einen großen Teil der Stellenanzeige aus. Verwendet „Sie-Sätze“ und keine „Wir-Sätze“.
Manche „Wir-Botschaft“ ist erlaubt, vor allem, wenn Ihr ein richtig gutes Angebot macht, das sich von Mitbewerbern abhebt.
5. Fragen, Fragen, Fragen
Fragt den Kandidaten mehrmals im Text etwas, das er gedanklich mit „Ja“ beantworten kann. Wie bereits oben in der Einleitung: „Neugierig?“ – „Was halten Sie davon?“ – „Sind Sie derzeit auf der Suche nach einer neuen beruflichen Heimat? Und schlägt Ihr Herz gerade höher?“ Sowas in der Art.
Stellt Euch vor, Ihr sprecht zum ersten Mal mit dem Kandidaten. Die Fragen, oder besser, die Antworten des Kandidaten, leitet ihn durch den Text und steigern im besten Fall seinen Wunsch, Kontakt aufzunehmen.
Erläutert auch, unter welchen Voraussetzungen eine Stelle für Berufs- und Quereinsteiger geeignet ist. Schraubt die Anforderung auf das unbedingt Erforderliche herunter, damit sich möglichst kein prima passender Kandidat abgeschreckt fühlt. Die Zeiten sind vorbei, in denen Ihr bereits in der Stellenanzeige großzügig aussieben konntet.
Lieber ein Gespräch mehr, als eines zu wenig.
Die Bonuspunkte: Kontaktdaten
Vermeidet es, den Kandidaten auf eine unpersönliche Webseite zu schicken, über die er sich mit einem Formular oder – noch schlimmer – mit einem Bewerberkonto bewerben muss. Wenn Ihr es erfolgreich geschafft habt, den Kandidaten durch den Text zu leiten und zu einer Kontaktaufnahme zu bringen, verliert Ihr ihn hier gleich wieder. Um es mit den Worten meiner Oma zu sagen: „Was Ihr vorne mit Euren Händen aufgebaut habt, stoßt Ihr hinten mit Eurem Allerwertesten (sie benutzte ein anderes Wort) wieder um.“ Wie gesagt:
Ihr könnt es Euch in Anbetracht des Arbeitskräftemangels nicht erlauben, auch nur einen potentiellen Bewerber zu verscheuchen.
Der einfachste und aus meiner Sicht sinnvollste Weg, Kontakt aufzunehmen, ist ein Telefonat. Ihr und der Kandidat finden am Telefon schnell und einfach heraus, ob es sich lohnt, Bewerbungsunterlagen zu versenden oder ein Vorstellungsgespräch zu vereinbaren.
Und auch hier kommt wieder die zukünftige Führungskraft ins Spiel, die sämtliche Fragen zur Tätigkeit besser beantworten kann als manche Personal-Abteilung. Bietet dem Kandidaten für den Erstkontakt zunächst ein Telefonat an, dann eine WhatsApp-Nachricht und zum Schluss die Übersendung des Lebenslaufes per E-Mail.
Also, vergesst Eure Stellenanzeigen aus den Neunzigern. Die belächelte Forderung, dass Unternehmen sich bei Kandidaten bewerben, ist nun knallharte Realität. Und die Stellenanzeige ist meist das Erste, was potentielle Kandidaten von Euch sehen. Verbockt es nicht.
Titelbild: © Hans Steup