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Effizienz durch KI! (Teil 2)

Wir haben mit Prof. Dr. Klaus Kornwachs, ehemaliger Lehrstuhlinhaber für Technikphilosophie an der Technischen Universität Cottbus und Autor des Buches „KI und die Disruption der Arbeit“ gesprochen, um herauszufinden, ob und wie Künstliche Intelligenz den Vermittler in seinem Berufsalltag unterstützen kann. Im ersten Teil dieses Interviews wurden bereits einige Fragen zu diesem Thema beantwortet.

Könnten dadurch auch Berufe wegfallen? Wie verschiebt sich die Arbeitswelt infolgedessen?

Ob uns durch die Rationalisierungseffekte, die man sich von KI verspricht, die Arbeit ausgeht, wird ebenfalls schon lange diskutiert. Es werden sicher Berufe wegfallen und bestimmte Qualifikationen nicht mehr benötigt werden. Viele körperliche Tätigkeiten, aber auch mentale Arbeit mit starkem Routineanteil können zunehmend ersetzt werden, und zwar durch die Leistungen einer Technik, die durch die Konvergenz von Robotik und KI möglich werden. Ob nun auf die Dauer mehr neue Arbeitsplätze entstehen, darüber gibt es widersprechende Studien. Jedenfalls werden die neuen Arbeitsplätze höhere Qualifikationen erfordern, als die Arbeitsplätze, die wegfallen. Entscheidend ist, dass der weggefallene Arbeitsplatz nicht sofort mit einem neuen hoch qualifizierten Arbeitsplatz ersetzt wird – es wird also Gewinner und Verlierer geben wie bei jedem Rationalisierungsschub. Darauf müssen sich eine Gesellschaft und deren Sozialsysteme einstellen.

Was sind allgemeine Risiken, die wir im Zusammenhang mit KI beachten sollten?

Aussagen, die ChatGPT macht, sind keine Aussagen über das Sosein der Welt, sondern sprachliche Konstrukte. Diese geben, grammatikalisch gut geformt, die Wort- und Begriffskombinationen wieder, die sich am häufigsten in der Trainingsmenge in einem definierten Kontext finden lassen. ChatGPT erfindet nichts, er plaudert nur aus. Eine Plausibilitätsprüfung der Ergebnisse ist daher unerlässlich.

Jede lernende KI ist nur so gut, wie die Qualität der Daten ist, also letztlich der Trainingsmenge, mit der sie arbeitet. Man könnte die Analogie der altväterlichen Ermahnung benutzen: „Sage mir, mit wem Du umgehst, und ich will Dir sagen, wer Du bist.“ Das Risiko einer Blasenbildung durch Verstärkung von Asymmetrien und Bias in den Daten ist nicht von der Hand zu weisen. Das kann die Bevorzugung von Schulen, Denkrichtungen oder Theorien in den Wissenschaften sein, das kann zu einseitigen Interpretationen von Wirtschaftsdaten führen, und im Bereich der politischen Kommunikation kann es wirklich gefährlich werden. KI kann hier zum Fehlerverstärker werden. Oder anders gesagt: Wer mit Künstlicher Intelligenz arbeitet, muss mit natürlicher Dummheit rechnen.

Deshalb ist es wichtig, dass die Tatsache transparent gemacht wird, ob eine KI bei einer Entscheidung, oder bei einem Arbeitsergebnis wie Gutachten, Recherche, Artikel, Seminararbeit etc. benutzt wurde. Hier besteht noch erheblicher Klärungsbedarf, auch hinsichtlich der Verwendung von geistigem Eigentum Dritter als Datenbasis für die LLMs.

Zum Abschluss ein Ausblick in die Zukunft: Was denken Sie, wo die Reise von hier aus hingehen wird?

Das hängt zum größten Teil von uns, den Anwendern ab, nicht nur von den Möglichkeiten der technologischen Entwicklung, die ja immer auch von ökonomischen Rahmenbedingungen abhängen. Deshalb sind Regeln und gesetzliche Festlegungen wichtig. Fragen werden wesentlich wie die nach dem Einsatz und Umgang mit dem geistigen Eigentum Dritter, das dann in den Trainingsmengen verwendet wird. Auch bleibt die Klärung der Verantwortung der Akteure für die Folgen des Einsatzes bei unsicheren Ergebnissen eine wichtige Aufgabe. Bekanntlich hinken die Gesetzgebung und Rechtsprechung der Technikentwicklung immer etwas hinterher.

Die Trainingsmengen werden noch umfangreicher werden, die Ergebnisse werden qualitativ besser werden, man wird sich an die Technologie gewöhnen, sie wird so selbstverständlich werden wie heute das Smartphone. Wie jede Technik wird auch die KI und ihre Anwendungen irgendwann an Grenzen stoßen, sei es der enorme Energieverbrauch oder die beschränkte Übertragungskapazitäten des Netzes.

Wichtig ist aber auch die technologische Aufklärung, d.h. dass wir verstehen, was KI macht und vor allem, was sie nicht kann. Die Branche hat traditionell eine große Klappe, und da ist es für alle ideal naiven Benutzer – wenn man das mal so sagen kann – hilfreich, wenn man aus eigener Kenntnis nicht alle Mythen, die aufgetischt werden, glauben muss. So halte ich das Gerede über Roboter mit Selbstbewusstsein für wenig begründet und die Diskussion um Singularität und Transhumanismus ist für mich einfach schlechte Roboter-Theologie.

Titelbild: © danang / stock.adobe.com

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