Der Bäcker knetet seinen Teig, der Konditor bestäubt die Torte mit einer Schicht Puderzucker und der Installateur schraubt an Dichtungen und Rohren. Im Handwerk steht harte, körperliche Arbeit an der Tagesordnung. Aber stimmt das tatsächlich? Nicht mehr zwangsläufig. Die Branche hat die Digitalisierung längst für sich entdeckt und geht den digitalen Wandel in großen Schritten mit.
Ein Großteil der Handwerksbetriebe arbeitet digital
Viele digitale Lösungen sind längst im Berufsalltag der Handwerker angekommen und auch nicht mehr wegzudenken: CAD-Planungen, 3D-Visualisierung, der Einsatz von Drohnen, Tools für Buchungsplanungen, Cloud-Lösungen, digitale Stundenlisten oder Hilfen in der Buchhaltung. Unternehmer schrecken vor Umstrukturierungen des Arbeitsalltags nicht zurück und modernisieren Stück für Stück einst traditionell analoge Prozesse.
Um diese aber tatsächlich über Bord zu werfen, braucht es Mut und Wille zur Veränderung. Diese zeigen laut der Studie „Digitalisierungsbarometer“ besonders jüngere und gebildetere Betriebsinhaber. Nach Angaben des Bundeswirtschaftsministeriums haben inzwischen rund 70 Prozent aller Betriebe diesen Schritt gewagt. Als gelungenes Beispiel zeigt das Ministerium den beruflichen Start eines jungen Maler- und Lackierermeisters. Er hat bei der Übernahme eines ehemaligen Betriebs kurzerhand aus dem bestehenden Fachwissen ein Start-up gegründet. Das Ziel: digitale Prozesse bestmöglich mit dem traditionellen Handwerk verknüpfen. Seitdem können sich Kunden ihre Farbe zu Hause am Computer selbst zusammen mischen. Beispiele wie dieses gibt es viele: Das Handelsblatt berichtete von mehreren mittelständischen Unternehmen, die sich erfolgreich an die Mammutaufgabe Digitalisierung herangetraut haben. Unterstützung erhalten sie unter anderem vom Kompetenzzentrum Digitales Handwerk oder der „go-digital“-Initiative des Bundeswirtschaftsministeriums.
Digitalisierung gegen die Zettelwirtschaft
In handwerklichen Dienstleistungsbetrieben kann die Digitalisierung eine wichtige Rolle spielen, um Produktionsabläufe zu verschlanken. Dabei sind nicht nur zwingend die handwerklichen Tätigkeiten betroffen, wie das Handelsblatt verdeutlicht. So hat ein junger Tischler in seinem Unternehmen begonnen, die Buchhaltung zu digitalisieren, um dem Steuerberater nicht monatlich einen Papierstapel überreichen zu müssen. Gleichzeitig nutzt er Tools, um die Arbeitswoche zu planen und Aufträge zu organisieren. Transparenter und effizienter sollte die Kommunikation werden. Seither liegen einzelne Arbeitsschritte gebündelt in einer App.
Digitale Inhalte längst Teil der Ausbildung
Vielerorts gehören digitale Prozesse schon seit 2005 zum Ausbildungsinhalt dazu: Baustellendokumentation über Smartphone und Tablet oder auch das elektronische Führen von Werkzeug- und Materiallisten – jungen Azubis aus der Generation Z sollte diese Umstellung wohl sehr leicht fallen.
Ähnliches gilt für Weiterbildungen. Frei nach dem Motto „Geh mit der Zeit oder du gehst mit der Zeit“ kommen Handwerker um Fortbildungen nicht herum. Deshalb versorgt das Kompetenzzentrum Digitales Handwerk stetig Betriebe mit Schulungen und Hilfen für die praktische Umsetzung vor Ort. Das bestätigt auch Hans Peter Wollseifer, Präsident des Zentralverbands des Deutschen Handwerks (ZDV). „Unsere Betriebe nutzen die Potenziale der Digitalisierung in allen Bereichen: ob im Bau- und Ausbau, für den gewerblichen oder privaten Bedarf, im Kfz-Bereich, bei Lebensmitteln oder bei der Gesundheit – überall bringen Handwerksbetriebe modernste digitalbasierte Technologien zum Einsatz.“
Elektroniker sind wahre (digitale) Alleskönner
Sicherlich eine der einschneidendsten Veränderungen hat der Beruf des Elektronikers erlebt. Um den Anforderungen der Kunden gerecht zu werden und den Trend des „Smart Home“ bedienen zu können, ist technisches Fachwissen notwendig. Jemand muss schließlich die intelligenten und hochsensiblen Geräte installieren und wieder in Gang bringen, sobald es Probleme gibt. Hans Auracher ist Vorstandsmitglied beim Zentralverband der Deutschen Elektro- und Informationstechnischen Handwerke und bringt in einem Interview der Süddeutschen Zeitung die Veränderungen des Berufsbilds auf den Punkt.
Obwohl das Verlegen von Leitungen zwar noch immer den Löwenanteil der Arbeit eines Elektronikers ausmache, kommen inzwischen ganz neue Herausforderungen hinzu. „Mittlerweile muss man zum Beispiel einen Wetterfühler verbauen können, damit bei Sonne der Rollladen herunterfährt. Neben der Steuerungstechnik ist aber auch weiterhin die Energieverteilung im Haus eine wichtige Aufgabe.“ Ebenso findet die neueste Technologie in der Planung ihren Platz. Mittels Virtual Reality Brille können Kunden sich ihr künftiges Bad oder Wohnzimmer schon vorab ansehen.
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