Makler und Vermittler stehen in einem dynamischen Marktumfeld, in dem Effizienz und Servicequalität über Erfolg oder Misserfolg entscheiden. Ohne klare, standardisierte Prozesse kann es schnell zu Ineffizienzen, Kundenunzufriedenheit und rechtlichen Problemen kommen. Um nachhaltig erfolgreich zu arbeiten, müssen Versicherungsmakler sich auf essenzielle Kernprozesse konzentrieren, die den gesamten Vertriebs- und Betreuungszyklus abdecken. Wer diese Abläufe optimiert, steigert nicht nur seine Abschlussquoten, sondern auch die Kundenzufriedenheit und rechtliche Sicherheit. Aber wie gehe ich dabei vor? Eine Anleitung in vier Schritten.
Auftakt: Ziele definieren
Bevor eine detaillierte Prozessanalyse durchgeführt wird, ist es essenziell, die übergeordneten Ziele klar zu definieren. Dabei sollte zunächst festgelegt werden, welche Unternehmensbereiche in die Analyse einbezogen werden sollen. Als Versicherungsmakler können insbesondere folgende Prozesse von Bedeutung sein:
- Beratungsprozesse: Wie effizient und kundenorientiert verlaufen Beratungsgespräche? Gibt es Verbesserungspotenzial bei der Vorbereitung, Durchführung oder Nachbereitung der Beratung?
- Vertragsverwaltung: Wie reibungslos funktioniert die Verwaltung bestehender Verträge? Gibt es Engpässe oder unnötige administrative Schritte, die die Bearbeitung verzögern?
- Schadenbearbeitung: Wie schnell und transparent werden Schadensfälle bearbeitet? Bestehen Verbesserungspotenziale in der Kommunikation mit Kunden und Versicherern?
- Neukundengewinnung: Welche Strategien zur Kundengewinnung sind besonders erfolgreich? Wo gibt es Hürden oder ineffiziente Abläufe, die optimiert werden könnten?
Nachdem die relevanten Bereiche identifiziert wurden, gilt es, die konkreten Verbesserungsziele zu bestimmen. Typische Optimierungsansätze umfassen:
- Steigerung der Effizienz: Prozesse sollten möglichst schlank und ressourcenschonend gestaltet, unnötige Arbeitsschritte oder redundante Tätigkeiten vermieden werden.
- Fehlerreduktion: Fehlerquellen sollten identifiziert und minimiert werden, um unnötige Nachbearbeitungen und Kundenreklamationen zu reduzieren.
- Verbesserung des Kundenservices: Eine höhere Kundenzufriedenheit kann durch schnellere Reaktionszeiten, transparente Kommunikation und optimierte Serviceleistungen erreicht werden.
Um den Erfolg der Prozessoptimierung messbar zu machen, sollten passende Kennzahlen definiert werden. Diese könnten etwa sein:
- Bearbeitungszeiten: Wie lange dauert es, bis ein Vorgang abgeschlossen ist? (z. B. Abschluss eines Vertrags, Bearbeitung eines Schadensfalls)
- Fehlerrate: Wie häufig treten Probleme oder Reklamationen in einem bestimmten Prozess auf?
- Kundenzufriedenheit: Wie bewerten Kunden den Service und die Kommunikation? (z. B. durch Umfragen oder Kundenfeedback)
- Kostenreduktion: Welche Einsparungen können durch effizientere Prozesse erzielt werden?
Die klare Definition dieser Ziele bildet die Grundlage für eine systematische Prozessanalyse und stellt sicher, dass die Optimierungsmaßnahmen gezielt und ergebnisorientiert umgesetzt werden.
Bestehende Prozesse erfassen und dokumentieren
Der Einstieg in diesen Abschnitt liegt im Prozessmapping. Das dient dazu, die Abläufe in einem Unternehmen systematisch zu erfassen, zu dokumentieren und visuell darzustellen. Es bildet die Grundlage für eine fundierte Prozessoptimierung, indem es einen Gesamtüberblick über alle relevanten Geschäftsprozesse ermöglicht. Ziel ist es, Transparenz zu schaffen, Abhängigkeiten zwischen Prozessen zu erkennen und mögliche Schwachstellen aufzudecken.
Der Hintergrund: In vielen Unternehmen wachsen Prozesse über die Zeit organisch, oft ohne klare Dokumentation oder bewusste Strukturierung. Dies kann zu Ineffizienzen, Redundanzen und Engpässen führen. Durch eine systematische Erfassung aller Abläufe lassen sich diese Probleme sichtbar machen und gezielt angehen.
Durch ein strukturiertes Prozessmapping kann ein Unternehmen solche Herausforderungen gezielt adressieren und eine Basis für eine kontinuierliche Verbesserung schaffen. Nachdem die Prozesse erfasst wurden, sollte festgelegt werden, welche Personen oder Abteilungen für die jeweiligen Abläufe verantwortlich sind. Hierbei hilft die Erstellung einer RACI-Matrix, die festlegt, wer für welche Aufgabe verantwortlich ist:
- R (Responsible) – Wer führt die Aufgabe aus?
- A (Accountable) – Wer trägt die Hauptverantwortung?
- C (Consulted) – Wer wird konsultiert?
- I (Informed) – Wer muss über den Fortschritt informiert werden?
Um die Prozesse anschaulich darzustellen, empfiehlt sich die Erstellung von Flussdiagrammen. Diese Visualisierungen helfen dabei, Unklarheiten, Engpässe oder unnötige Zwischenschritte aufzudecken.
Ein typisches Flussdiagramm für den Beratungsprozess könnte folgende Schritte enthalten:
1. Kundenanfrage → 2. Terminvereinbarung → 3. Bedarfsanalyse → 4. Angebotserstellung → 5. Vertragserstellung → 6. Nachbetreuung
Ein solches Diagramm bietet eine detailliertere Übersicht, indem es Akteure und deren Rollen innerhalb eines Prozesses klar voneinander trennt. Hier könnte z. B. zwischen Versicherungsmakler, Kunde und Versicherer unterschieden werden, um zu sehen, wo Verzögerungen entstehen oder unnötige Kommunikation stattfindet.
Die Analyse bietet eine vollständige Übersicht über alle Abläufe und deren Zusammenhänge, stellt klare Verantwortlichkeiten sicher und macht potenzielle Engpässe oder ineffiziente Strukturen sichtbar. Zudem liefert sie erste Hinweise darauf, wo Verbesserungsbedarf besteht – sei es durch zu lange Bearbeitungszeiten, doppelte Arbeitsschritte oder manuelle Tätigkeiten, die sich automatisieren lassen. Mit diesen Erkenntnissen kann nun der nächste Schritt folgen: die Identifikation konkreter Schwachstellen und Optimierungspotenziale.
Schwachstellen und Verbesserungspotenzial identifizieren
Nachdem alle Prozesse erfasst und visualisiert wurden, folgt die systematische Analyse, um Schwachstellen und Verbesserungspotenziale aufzudecken. Dabei geht es darum, ineffiziente Abläufe zu identifizieren, Fehlerquellen zu minimieren und Potenziale für Automatisierung oder Digitalisierung zu erkennen. Dabei sollte der Fokus auf folgende Aspekte gelegt werden:
Zeitfresser identifizieren – Wo geht unnötig Zeit verloren?
In vielen Unternehmen schleichen sich über die Jahre ineffiziente Prozesse ein, die wertvolle Zeit und Ressourcen binden. Häufig sind es vermeintlich kleine Dinge, die sich jedoch im Arbeitsalltag summieren und die Produktivität erheblich beeinträchtigen. Ein klassisches Beispiel ist die doppelte Dateneingabe – wenn Informationen manuell in mehrere Systeme eingegeben werden müssen, anstatt auf eine zentrale Datenquelle zurückzugreifen. Um solche Zeitfresser zu identifizieren, hilft eine systematische Analyse der Arbeitsabläufe. Eine bewährte Methode ist es, Mitarbeiter über einen definierten Zeitraum ihre Tätigkeiten dokumentieren zu lassen, um herauszufinden, welche Aufgaben besonders zeitaufwendig sind. Zeitmessungen und Protokolle der Prozesse können zusätzliche Anhaltspunkte liefern, um unnötige oder doppelte Arbeitsschritte gezielt zu eliminieren.
Fehlerrisiken minimieren – Wiederkehrende Probleme erkennen und beheben
Fehler in Geschäftsprozessen sind nicht nur ärgerlich, sondern verursachen auch erheblichen Mehraufwand und können das Vertrauen der Kunden schädigen. Eine gezielte Analyse sollte daher aufzeigen, wo Fehler besonders häufig auftreten und welche Auswirkungen sie haben. Solche Fehler sollten über einen Zeitraum von drei bis sechs Monaten erfasst werden.
Die Kundenperspektive einbeziehen – Wo gibt es Beschwerden oder Unklarheiten?
Ein entscheidender, aber oft übersehener Aspekt der Prozessoptimierung ist die Kundenerfahrung. Unternehmen neigen dazu, sich stark auf interne Abläufe zu konzentrieren, doch letztlich ist es der Kunde, der den Mehrwert eines schnellen, verständlichen und reibungslosen Prozesses erlebt – oder eben die Schwächen in den Abläufen zu spüren bekommt. Neben dem direkten Kundenfeedback kann auch die Analyse von Bearbeitungszeiten Aufschluss geben: Dauert es aus Kundensicht zu lange, bis eine Anfrage bearbeitet wird? Wird ein Schaden zügig reguliert oder gibt es Verzögerungen, die zur Frustration führen? Ein effektiver Weg, um Schwachstellen zu erkennen, ist zudem der Selbsttest der Prozesse: Wie einfach ist es für einen Neukunden, einen Beratungstermin zu buchen? Wie intuitiv lassen sich Änderungen an bestehenden Verträgen vornehmen?
Optimierungsmöglichkeiten entwickeln – Effizienz steigern und Prozesse verbessern
Nach der Analyse der bestehenden Abläufe und der Identifikation von Schwachstellen geht es nun darum, gezielte Verbesserungen vorzunehmen. Die Prozessoptimierung sollte dabei nicht nur auf Effizienzsteigerung abzielen, sondern auch die Qualität der Abläufe erhöhen, die Zufriedenheit der Kunden verbessern und die Arbeitsweise für alle Beteiligten erleichtern. Dafür gibt es verschiedene Hebel, die individuell an die Anforderungen des Unternehmens angepasst werden können.
In der Versicherungsbranche gibt es zahlreiche wiederkehrende Prozesse, die durch digitale Lösungen schneller, fehlerfreier und mit geringerem manuellem Aufwand abgewickelt werden können. Typische Ansätze dafür:
- Automatisierte Kundenkommunikation: Chatbots oder automatisierte E-Mail-Prozesse können Standardanfragen schneller bearbeiten.
- Digitale Unterschriften und Online-Formulare: Vermeidung von Medienbrüchen durch den Einsatz von digitalen Lösungen anstelle von Papierdokumenten.
- KI-gestützte Datenverarbeitung: Automatische Erfassung und Verarbeitung von Kundendaten zur Vermeidung von manuellen Eingaben.
- Cloudbasierte Dokumentenverwaltung: Zentralisierte und sichere Speicherung von Kundenunterlagen zur schnellen Verfügbarkeit.
- Workflow-Automatisierung: Automatische Weiterleitung von Anträgen oder Schadensmeldungen an die zuständigen Mitarbeiter oder Versicherer.
Ebenfalls entscheidend ist der Einsatz eines Maklerverwaltungsprogramms (MVP), das die gesamte Kunden- und Vertragsverwaltung digitalisiert. Anstatt Kundendaten und Vertragsinformationen in verschiedenen Systemen zu pflegen, ermöglicht eine zentrale Plattform eine einheitliche und übersichtliche Verwaltung aller relevanten Informationen. Ergänzend können CRM-Systeme (Customer Relationship Management) zur Optimierung der Prozesse beitragen, indem sie alle Kundeninteraktionen dokumentieren und strukturieren. So wird sichergestellt, dass kein Kontakt verloren geht und Kunden gezielt mit relevanten Informationen versorgt werden können – sei es zur Vertragsverlängerung, zu neuen Angeboten oder zur regelmäßigen Betreuung.
Was oft vergessen und vernachlässigt wird: Mitarbeiter sind diejenigen, die täglich mit den Prozessen arbeiten – und daher oft am besten wissen, wo es Probleme gibt und welche Abläufe verbessert werden könnten. Eine erfolgreiche Prozessoptimierung sollte daher nicht nur „von oben“ gesteuert werden, sondern die Erfahrung und Ideen des Teams aktiv einbeziehen. Regelmäßige Workshops oder Feedbackrunden helfen dabei, Schwachstellen aus der Praxis zu identifizieren und gemeinsam Lösungen zu erarbeiten.
Prozessoptimierung als kontinuierlicher Verbesserungsprozess
Die Entwicklung von Optimierungsmöglichkeiten ist kein einmaliger Schritt, sondern ein kontinuierlicher Prozess, der regelmäßig überprüft und angepasst werden sollte. Durch gezielte Automatisierung, die Verschlankung von Abläufen, die Einbindung der Mitarbeiter und eine verbesserte Kundenkommunikation kann die Effizienz nachhaltig gesteigert und die Qualität der Dienstleistungen verbessert werden.
Die wichtigste Erkenntnis dabei ist, dass effiziente Prozesse nicht nur dem Unternehmen zugutekommen, sondern auch den Kunden eine schnellere, transparente und angenehmere Interaktion ermöglichen. Unternehmen, die ihre Abläufe konsequent optimieren, verschaffen sich einen klaren Wettbewerbsvorteil und stärken ihre Position am Markt langfristig.
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