Die Vermittlung einer Berufsunfähigkeitsversicherung in diesem Umfeld scheint einfach – aber ist sie das wirklich? Es gibt Fallstricke für Vermittler, die jeder aber geschickt umschiffen kann. Hier sind die wichtigsten Tipps, um erfolgreich und rechtssicher zu beraten.
Beraten statt vermitteln
Versicherungsvermittler heißen Versicherungsvermittler, weil sie letztlich Versicherungen vermitteln – wirklich gute Vermittler und Versicherungsmakler stellen die Beratung aber vor die eigentliche Vermittlung. Und das ist auch notwendig, denn Kunden haben in 99 von 100 Fällen bestenfalls eine oberflächliche Vorstellung von dem, was sie benötigen: 1.000 Euro Rente, vielleicht etwas mehr, Laufzeit bis 62 Jahre und auf keinen Fall eine Dynamik – die ist zu teuer. So gehen viele Kunden in ein Gespräch mit dem Vermittler. Reine “Vermittler” schließen das wie bestellt ab, kompetente Kollegen steigen jedoch in die tiefergehende Beratung ein. Sie ermitteln den tatsächlichen Bedarf: Was benötigt der Kunde im Fall einer Berufsunfähigkeit? Wie hoch sind Steuern und ggf. Krankenversicherungsbeiträge? Sie stellen Dynamikmodelle mit ihrem Nutzen für den Kunden vor und thematisieren die Nachversicherungsoptionen. Und auch AU-Klausel oder DU-Klausel gehört in das Gespräch, auch wenn der Kunde zunächst abwinkt.
Apropos abwinken: Natürlich wollen viele Kunden nicht bis ins kleinste Detail über die Bedingungen der BU diskutieren. Das ist auch für jeden Vermittler hinnehmbar, wenn genau das auch in der Beratungsdokumentation zu finden ist. Die Beratungsdokumentation sehen manche Vermittler immer noch als notwendiges Übel an, dabei ist sie die Quittung für die erfolgreich geleistete Vermittlungs- und Beratungstätigkeit und zeigt dem Kunden, was er wollte und was er bekommt.
Wer als Vermittler auf eine umfassende Dokumentation verzichtet, läuft Gefahr, bei einer Kundenbeschwerde in die Haftung zu geraten. Der Bundesgerichtshof (Urteil vom 13.11.2014 – III ZR 544/13) geht sogar so weit, in diesem Fall eine Beweislastumkehr anzunehmen: Beruft sich der Versicherte darauf, nicht umfassend beraten worden zu sein, führt die Umkehr der Beweislast dazu, dass der Versicherungsvermittler den Nachweis der ordnungsgemäßen Beratung führen muss. Und genau das ist ohne entsprechende Dokumentation schlichtweg nicht möglich.
Gesundheitsfragen: Immer im Mittelpunkt des Kundengespräches
Es gibt wohl kaum etwas, bei dem die Erwartungshaltung von Versicherern und Versicherten weiter auseinandergeht als bei den Gesundheitsfragen: Was beim Kunden als “ein bisschen Rücken” abgehakt wird, ist für den Versicherer eine Skoliose, die wahrscheinlich zu einer Erschwernis oder Ablehnung führt. Vermittler sollten ihren Kunden klarmachen, wie wichtig die ehrliche Beantwortung der Gesundheitsfragen ist – und welche Folgen Falschangaben haben können: Wenn der Versicherer den Antrag wegen einer Vorerkrankung ablehnen würde, dann wird er im Leistungsfall gewiss nicht zahlen.
Und auch, wenn immer wieder Beratungsgespräche in diese Richtung abdriften: Das Zuwarten auf den Ablauf von Verjährungsfristen ist ein gewagtes Spiel: Denn es ist keinesfalls sicher, dass nach Ablauf der Verjährungsfristen für Falschangaben im Antrag gezahlt werden muss, wie ein Urteil des Oberlandesgerichts Braunschweig (Az.:11 U 316/21) zeigt. In dem Fall hatte ein Versicherter mit massiven psychischen Vorerkrankungen bewusst den Ablauf der 10-Jahres-Frist abgewartet, um direkt danach einen Leistungsantrag zu stellen. Das verstoße gegen Treu und Glauben, so das Gericht, sodass der Versicherte sich nicht auf die Verjährungsfrist berufen darf.
Datenschutz: Chance statt Übel sehen
Die Arbeit als Versicherungsmakler ist geprägt vom Umgang mit sensiblen Daten – für uns Makler ist das selbstverständlich. Vermittler unterschätzen aber oft, wie wenig selbstverständlich das für den Kunden ist: Ihm ist wichtig, wie der Vermittler diese Daten verarbeitet und aufbewahrt oder wie der Vermittler die Anonymität gegenüber dem Versicherer bei Risikovoranfragen wahrt. Ein nachvollziehbares Datenschutzkonzept gehört damit zu einer BU-Beratung zwingend dazu – die DSGVO ist keine Last, sondern eine Chance, sich als datensensibler Vermittler zu profilieren.
Der Datenschutz trifft Vermittler aber auch an einem anderen Punkt der BU-Vermittlung, wenn nämlich Kunden mit einem sogenannten Auskunftsbegehren nach der DSGVO auf die Vermittler zukommen und wissen wollen, welche Daten gespeichert sind. Das kann sowohl bei einem erfolgten Abschluss der Fall sein wie auch bei einer Anfrage, die nicht in einem Vertrag gemündet ist. Solche Auskunftsbegehren sollten Vermittler ernst nehmen und fristgerecht antworten – und natürlich Auskunft erteilen über die exakt gespeicherten Daten. Problematisch wird es allerdings, wenn der Kunde verlangt, dass der Vermittler seine Daten nach Art. 17 DSGVO löscht.
Hier ist der Vermittler in einer Zwickmühle: Was, wenn der Kunde zehn Jahre nach einem viel zu frühen Vertragsende behauptet, er wäre falsch beraten worden? Ohne Beratungsdokumentation hat der Vermittler keine Chance, die ordnungsgemäße Beratung zu beweisen. Und selbst, wenn kein Vertrag zustande gekommen ist, kann der Kunde Jahrzehnte später behaupten, er hätte bei Versicherer XY versichert werden können. In einem solchen Fall kann die Korrespondenz des Maklers mit dem Kunden und Versicherern und auch angefertigte Analysen den Vermittler entlasten und ihm helfen, Rechtsansprüche abzuwehren.
Solche beratungsrelevanten Daten dürfen Makler aus diesem Grund aufbewahren – und zwar bis zu 30 Jahre lang, denn so lange könnten Kunden tatsächlich Ansprüche geltend machen. Dennoch müssen Vermittler die Daten löschen, die für die Verteidigung gegen mögliche Ansprüche nicht relevant wären, wie Telefonnummern, E-Mails oder belanglose Korrespondenz.
Betreuung nicht vernachlässigen
Was kommt nach dem Abschluss einer BU-Versicherung? Die richtige Antwort wäre. Einiges an Arbeit. Denn die Betreuung einer BU ist wichtig und sinnvoll: Kaum eine Police bietet so viele Möglichkeiten für attraktive Kundenkontakte, wenn die Betreuung sauber strukturiert wird: Gute Vermittler legen Termine für Nachversicherungen, wenn sie zum Beispiel an bestimmte Fristen gekoppelt sind. Gelegentlich sind Erhöhungsoptionen auch frühzeitig bekannt – wie das Ende einer Ausbildung oder eines Studiums. Auch in diesem Fall lohnt es sich, die Kunden proaktiv anzusprechen. Ob ein Versäumen dieser Verbesserungen des Versicherungsschutzes einen Haftungsfall auslösen kann, ist umstritten. Das OLG Brandenburg (Az.: 11 U 34/229) verneinte einen solchen Beratungsanlass in einem Fall, in dem die versicherte Berufsunfähigkeitsrente seit der Ausbildung der Versicherten nie erhöht worden war. Das OLG entschied, dass eine Berücksichtigung der Bedarfsänderung durch berufliche und persönliche Entwicklung bei der Versicherungsnehmerin lag. Der Vermittler verfügte in diesem Fall über keinen Wissensvorsprung, der eine Beratung zwingend erforderlich gemacht hätte. Rechtlich mag eine fehlende Betreuung also nicht zum Bumerang werden – allerdings verschenken Makler und Vermittler hier viel Potenzial und laufen Gefahr, den Kunden zu verlieren.
Titelbild: © Malambo/peopleimages.com / stock.adobe.com